Gatersleben, Germany
21. Dezember 2015
Die Gensequenzdaten stellen die Wissenschaftler in Kreisdiagrammen dar, auf denen hoch diverse Segmente „raps-gelb“ erscheinen (Foto: IPK)
Forscher des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) legen erstmals ein möglichst großes Abbild der genetischen Vielfalt von Raps vor. In Kooperation mit Pflanzenzüchtern und universitären Partnern entschlüsselten die Wissenschaftler die genetischen Unterschiede von 52 Rapssorten. Die Onlinezeitschrift Scientific Data der renommierten Nature Publishing Group akzeptiert das IPK mit der Veröffentlichung dieser Ergebnisse auf IPK-Servern als digitales Ressourcenzentrum.
Raps ist eine der weltweit wichtigsten Quellen für die Herstellung von Pflanzenöl als Nahrungsmittel und Biotreibstoff. Moderne Sorten dieser Kulturpflanze haben durch züchterische Selektion einen erheblichen Teil ihrer genetischen Vielfalt verloren. Damit fehlt ihnen die Grundlage für die Entwicklung zukünftig robusterer und ertragsstabilerer Sorten. Anhand 52 verschiedener Rapssorten entschlüsselten Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) gemeinsam mit Kollegen eine möglichst große genetische Vielfalt dieser bedeutenden Kulturpflanze. Als qualitativ hochwertiger Datensatz stehen diese Ergebnisse nun sowohl Forschern als auch Züchtern auf IPK-Servern zur Verfügung. Zum Einsatz kommt dabei die Publikationssoftware „e!DAL“, ebenfalls eine Entwicklung der IPK-Wissenschaftler.
Die Forscher wollten möglichst unterschiedliche Sequenzen im genetischen Bauplan der einzelnen Sorten identifizieren. Im Fokus der Wissenschaftler standen sogenannte Punktmutationen im Genom („Einzelnukleotid-Polymorphismen“, auch als „SNPs“ bezeichnet), welche die Aktivität und die Funktion eines Gens beeinflussen können. Diese Sequenzen sind ein Schlüssel für die Anpassung heutiger Rapspflanzen an veränderte Umwelt- und Anbaubedingungen. Die Forscher konnten insgesamt 4.3 Millionen Punktmutationen identifizieren. Der nun verfügbare Datensatz ist damit nicht nur eine umfassende Basis für die moderne Züchtungsforschung, sondern auch ein einzigartiger Einblick in die genetische Entwicklungsgeschichte von Raps.
Für Dr. Uwe Scholz, Leiter der Arbeitsgruppe Bioinformatik und Informationstechnologie und Koordinator der Biodiversitätsinformatik am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), ist dieses Projekt zukunftsweisend: „Der Wissenschaft stehen heute mehr Daten zur Verfügung als je zuvor. Diese sinnvoll zu nutzen ist eine unserer wichtigsten Herausforderungen im sogenannten Big Data Zeitalter. Dass die Nature Publishing Group den Datensatz veröffentlicht und unser e!DAL-Repository als Datenbank anerkennt, würdigt die qualitativ hochwertige Aufarbeitung dieser gewaltigen Datenmengen und zeichnet das IPK als digitales Ressourcenzentrum aus. Uns eröffnet das natürlich den Weg für zukünftige Kooperationen.“
Originalpublikation:
Schmutzer, T. et al. Species-wide genome sequence and nucleotide polymorphisms from the model allopolyploid plant Brassica napus. Sci. Data 2:150072 doi: 10.1038/sdata.2015.72 (2015).
(Web: www.nature.com/articles/sdata201572)
Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben ist eine außeruniversitäre, mit Bundes- und Ländermitteln geförderte Forschungseinrichtung und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Am IPK forschen und arbeiten mehr als 500 Mitarbeiter/-innen aus über 30 Nationen. Zentrales Anliegen der wissenschaftlichen Arbeiten am IPK ist die Untersuchung der genetischen Vielfalt von Kultur- und verwandten Wildpflanzen und der Prozesse, die zu ihrem Entstehen geführt haben. Daraus abgeleitet erfolgt die Aufklärung der molekularen Mechanismen, die zur Ausprägung und Variation pflanzlicher Merkmale beitragen. Hieraus erwachsende Erkenntnisse ermöglichen die Entwicklung und Anwendung von Strategien zu einer vertieften Charakterisierung und darauf aufbauend zu einer wissensbasierten Nutzbarmachung der in der Genbank vorgehaltenen pflanzengenetischen Ressourcen.