Cologne, Germany
April 5, 2019
Krankheitserreger aktivieren pflanzliches Immunsystem, das den Zelltod einleitet / Zwei Science-Paper des Strukturbiologen Jijie Chai
Zwei fachlich bedeutende Studien aus dem Labor des Alexander von Humboldt-Professors Jijie Chai an der Universität zu Köln liefern strukturelle Einblicke in die Art und Weise, wie Pflanzen ihr Immunsystem aktivieren. Resistenzen gegen mikrobielle Krankheitserreger zu entwickeln, ähnelt der Strategie von Tieren – und das, obwohl Pflanzen und Tiere durch mehr als eine Milliarde Jahre Evolution getrennt sind. Die von Chai angeführten Studien „Ligand-triggered allosteric ADP release primes a plant NLR complex” und „Reconstitution and structure of a plant NLR resistosome conferring immunity“ sind beide in Science erschienen.
Dreh- und Angelpunkt ist hierbei ein Schutz-Mechanismus am Beispiel der auch Gänserauke genannten Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Chai und sein Team beobachteten zusammen mit Forscherinnen und Forschern der Tsinghua University und der Chinese Academy of Sciences in Peking die einzelnen molekularen Schritte in der zeitlichen Abfolge des Schutz-Mechanismus mithilfe der hochauflösenden Kryo-Elektronenmikroskopie.
Wenn Krankheitserreger wie Mikroorganismen in die Zellen der Pflanze eindringen, sondern sie beim Angriff sogenannte Effektoren ab. Im Plasma der angegriffenen Zelle befinden sich nun sogenannte NLRs, die die Effektoren erkennen und dann den Schutz-Mechanismus in Gang setzen. „Bislang fehlte ein detailliertes Verständnis der Wirkmechanismen von pflanzlichen NLRs. Zudem basiert ein Großteil unseres Verständnisses davon, wie diese Moleküle in Pflanzen funktionieren, auf dem Vergleich mit tierischen Gegenstücken“, erklärt Jijie Chai.
Den beiden Studien zufolge entwickeln Pflanzen Resistenzen gegen bestimmte Krankheitserreger, indem sie gerade inaktive NLR-Moleküle aus dem Plasma in daueraktive Komplexe umwandeln. Die Autoren richteten dabei ihre Aufmerksamkeit besonders auf ein Protein namens ZAR1, weil bekannt ist, dass ZAR1 mehrere unabhängige bakterielle Effektoren indirekt erfassen kann. Für die indirekte Erfassung muss der ZAR1-Rezeptor jedoch erst einen vorgeformten Komplex mit einem anderen Pflanzenprotein, genannt RKS1, bilden. Das Team stellte fest, dass ZAR1 zusammen mit RKS1 in einem latenten Abwehr-Zustand gehalten wird.
Ein auffälliges Merkmal dieser Struktur sei die Ähnlichkeit mit tierischen NLR-Proteinen, die sich nach der Aktivierung zu radförmigen Strukturen zusammenfügen, so Chai. Die radförmigen Strukturen im Tier dienten als Signalplattform, um den Zelltod der angegriffenen Zelle in Gang zu setzen. Im pflanzlichen ZAR1 Protein erkannte das Forschungsteam dagegen eine trichterartige Struktur, die sich an die Wand des Zellplasmas bindet. Die Autoren spekulieren, dass der ZAR1-Komplex eine Pore in der Plasmamembran bilden kann und so die Zellfunktion stört, was somit „über Umwege“ zum Zelltod führt.
Andere pflanzliche NLRs bauen sich ebenfalls zu Komplexen zusammen, die mit der Plasmamembran assoziiert werden, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass Chais Ergebnisse wichtige allgemeine Auswirkungen auf das Verständnis der pflanzlichen Immunität haben.
Zu den Publikationen:
“Ligand-triggered allosteric ADP release primes a plant NLR complex”,
Jizong Wang, Jia Wang, Meijuan Hu, Shan Wu, Jinfeng Qi, Guoxun Wang, Zhifu Han, Yijun Qi, Ning Gao, Hong-Wei Wang, Jian-Min Zhou, Jijie Chai. http://science.sciencemag.org/content/364/6435/eaav5868
“Reconstitution and structure of a plant NLR resistosome conferring immunity“, Jizong Wang, Meijuan Hu, Jia Wang, Jinfeng Qi, Zhifu Han, Guoxun Wang, Yijun Qi, Hong-Wei Wang, Jian-Min Zhou, Jijie Chai. http://science.sciencemag.org/content/364/6435/eaav5870